1750, 15. August (Leipzig): Bitte um Gewährung des Gnadenhalbjahres

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ANNA MAGDALENA BACH AN DEN LEIPZIGER STADTRAT, 15. AUGUST 1750:

 

   Magnifici,

HochEdelgebohrne HochEdle, Vest

und Hochgelahrte

auch Hochweise

   Hochgeehrteste Herren!

Nachdem es dem unerforschlichen Rath und Willen des sonst so liebreichen Vaters in Himmel gefallen meinen lieben EheMann den hiesigen Directorem der Music und Cantorem der Schule zu St: Thomae vor einigen Tagen durch einen seeligen Tod aus dieser Zeitlichkeit zu nehmen und mich daher in den betrübtesten Wittben|Stand zu setzen; und denn von langen Zeiten her bey der Schule zu St: Thomae eingeführet, daß die Wittben derer verstorbenen Cantorum annoch das Gnaden halbe Jahr nach dem Tode ihrer EheMänner erhalten, solches auch meine antecessorin die Cunauin, und vor solcher die Schellin, und deren Vorfahren genoßen: Als unterstehe mich Ew. Magnificenz HochEdelgebohrnen HochEdlen und Hochweisen Herren unterthänig gehorsamst bittend hierdurch anzugehen: Dieselben geruhen, vermöge Dero angebohrnen Leutseeligkeit und weltberühmten Gütigkeit solche hohe Gnade mir ebenfalls hochgeneigt angedeyen zu laßen: Als wofür Zeit Lebens mit aller ersinnlichen Hochachtung zu seyn mich bemühen werde

     Ew: Magnificenz HochEdelgebohrnen

HochEdlen und Hochweisen Herren

Leipzig

den 15. Augusti 1750.

dienstgehorsamste

Anna Magdalena Bachin

Wittwe.

Denen Magnificis HochEdelgebohrnen

    HochEdlen Vest und Hochgelahrten

    Herren, Herren BurgerMeisteren

    und Assessorn eines E. und Hochwei-

    sen Raths der Stadt Leipzig

Meinen Hochgeehrtesten Herren

und Patronen

 

Quelle: Bach-Dokumente, Band 2, Nr. 617