Apels Haus

Um 1558 entstand in prominenter Lage am südlichen Marktplatz, dem Alten Rathaus gegenüber, ein stattliches Renaissancehaus für Gottfried Welsch, den Senior der Medizinischen Fakultät. Im 17. Jahrhundert diente das Gebäude dem Rat der Stadt Leipzig als Gästehaus, in welchem beispielsweise Zar Peter der Große am 30. Mai 1698 Quartier nahm. 1704 erwarb der wohlhabende Andreas Dietrich Apel, ein aus Quedlinburg stammender Kaufmann und Manufakturbesitzer, das dreigeschossige Gebäude und ließ es durch Ratsbaumeister Johann Gregor Fuchs zu einem modernen barocken Wohnhaus umbauen. Fuchs setzte ein Mezzaningeschoss auf und schloss die Fassade mit einer figurengeschmückten Balustrade ab. Im Hinterhof entstand ein Querbau mit Festsaal, der in den 1770er Jahren Johann Adam Hillers „Musikalischer Gesellschaft“ als Konzertsaal diente, ehe das Ensemble in den neuen Konzertraum des Gewandhauses am Neumarkt übersiedelte. Eigentümlich war die Hofeinfahrt mit zwei Portalen, die durch eine Säule auf muschelförmigem Fuß geteilt waren, die den prächtig verzierten dreigeschossigen Erker stützte. Im Zuge eines Umbaus Anfang der 1930er Jahre musste sie weichen.

Bildnachweis: Bach-Archiv Leipzig (Foto Dr. Markus Zepf, März 2020)

Nach Apels Umbau war der Rat der Stadt Leipzig wieder Mieter des ersten Obergeschosses für hochrangige Gäste; auf Geheiß des Kurfürsten schloss er 1706 mit Apel einen Mietvertrag über das gesamte Gebäude für die Dauer der Messen ab, der bis 1827 bestand. Im westlichen Nebengebäude, dem „Schlaafschen Haus“ Ecke Grimmaische- / Petersstraße, betrieb der „kurfürstlich sächsische und königlich-polnische Hof-Chocolatier“ Johann Lehmann seit 1706 erfolgreich einen Kaffee-Ausschank, den Kurfürst Friedrich August I. („der Starke“) regelmäßig bei seinen Besuchen frequentierte. Zur Vereinfachung der Bedienung entstanden Verbindungstüren zwischen dem Kaffeeausschank und den vom Kurfürsten bewohnten Appartements in Apels Haus.

Vor Apels Haus führte Johann Sebastian Bach mindestens zwei Huldigungsmusiken für sächsische Herrscher auf. Zum Geburtstag des Kurfürsten Friedrich August I. am 12. Mai 1727 erklang, unter „ungemeinen Frohlocken […] In einer Abend-Music“ mit Studenten (Dok II, Nr. 219), die Huldigungskantate Entfernet euch, ihr heitern Sterne BWV 1156 [BWV Anh. 9]. Ein Zeitzeuge berichtet dazu: „Umb 9. Uhr erschienen die Studiosi aus dem Königl. und Churfürstl. Convictorio an der Zahl 180. starck vor dem Apelschen Hause mit brennenden Fackeln und brachten Sr. Mayt. eine Abend-Music.“ (Dok V, Nachtrag zu II, 220). Ob hier auch Bachs zweite bekannt gewordene Huldigungsmusik für August den Starken, die zum Namenstag am 3. August 1727 aufgeführte Kantate Ihr Häuser des Himmels BWV 193.1 erklang, ist unklar. (Dok II, Nr. 221)

Für den Namenstag seines Sohns, Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen, kündigte der Extract der eingelauffenen Nouvellen in Zimmermanns Kaffeegarten eine Huldigungsmusik durch das „zur Sommers-Zeit florirende Bachische Collegium Musicum“ am 3. August 1733 an. (Dok II, Nr. 334) Im folgenden Jahr brachten 600 Studenten während der Michaelismesse am Abend des 5. Oktober 1734 dem Kurfürsten und polnischen König im Fackelschein die Abendmusik Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen BWV 215 dar, für die "Herr Capell-Mstr. Bachen" 50 Reichstaler erhielt. Das Königspaar verfolgte die Zeremonie vom Fenster im ersten Obergeschoss. Durch die handschriftliche Chronik des Universitätspedells Johann Salomon Riemer erfahren wir von den tragischen Folgen dieses Auftritts für den aus Weißenfels gebürtigen Senior der Leipziger Stadtpfeifer, Gottfried Reiche, der auf dem Nachhauseweg „im StadtPfeifffer Gäßgen ohnweit seiner Wohnung vom Schlag gerühret, daß er niedergesuncken, und todt in seine Wohnung gebracht worden. Und dieses soll daher kommen seyn, weil er Tages vorhero bey der Königlichen Musique wegen des Blasens große strapazzen gehabt, und auch der Fackel Rauch ihm sehr beschwerlich gewesen.“ (Dok II, Nr. 352)

Bildnachweis: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig