Im Norden der Residenzstadt Weimar erhebt sich auf einer leichten Anhöhe die Jakobskirche. Einer teilweise überlieferten Altarinschrift zufolge, war der turmlose Vorgängerbau 1168 geweiht worden. Im Zuge der Reformation wurde die Kirche 1535 geschlossen und als Kornhaus benutzt. Nach einer Renovierung 1579 neu geweiht, diente sie fortan hauptsächlich als Begräbniskirche, denn der Stadtrat hatte 1530 den umliegenden Kirchhof zu Weimars alleinigem Begräbnisplatz bestimmt. In der alten Jakobskirche stand Bach am 17. Januar 1711 bei der Taufe von Magdalena Dorothea Becker Pate, der Tochter des Strumpfwirkers Johann Caspar Becker und seiner Ehefrau Anna Maria, geborene Hartung aus Martinroda bei Arnstadt.
Auf Befehl Herzog Wilhelm Ernsts von Sachsen-Weimar wurde das baufällige Gotteshaus 1712 abgebrochen und über dem alten Grundriss nach Plänen von Baumeister Johann Mützel oder Christian (II.) Richter als hochaufragende Saalkirche mit drei umlaufenden Emporen neu errichtet. Im späten 16. Jahrhundert war an der Nord-Ost-Seite des Chorraums eine Grabkapelle der Familie Wex entstanden; die letzte Beisetzung darin hatte 1682 stattgefunden. Die Kapelle wurde aufgehoben und zur Sakristei umgebaut. An der Westseite entstand der Turm mit quadratischem Grundriss. Bis zur Firsthöhe des Langhauses ist er massiv gemauert, darauf eine zweigeschossige Fachwerkkonstruktion über achteckigem Grundriss gesetzt, in der sich die Türmerwohnung sowie die Glockenstube befinden.
Am 6. November 1713 fand die Weihe der neuen Jakobskirche mit einer „angestellten Procession in Galla“ unter Teilnahme der Stadträte, von Hofstaat und Hofmusik statt; namentlich genannt ist auch der Hoforganist Johann Sebastian Bach, obwohl die Kirche erst 1720 (Bach war bereits Kapellmeister in Köthen) eine von Orgelmacher Heinrich Nikolaus Trebs erbaute Orgel erhielt. Hofsekretär Theodor Benedikt Bormann überlieferte die Gottesdienstfolge mit der Aufführung einer Missa und eines weiteren, unbekannten Werks und bemerkte: „die Capelle benebst der Cantorey nahm die oberste Empor-Kirche ein“ (Dok II, 60).
Die Jakobskirche war fortan ordentliche Pfarrkirche der Stadt Weimar, das Patronat lag beim Stadtrat. Herzog Ernst August bestimmte die Jakobskirche 1728 zur Garnisonkirche. Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar ließ das Innere 1767 umfassend erneuern. Nach dem verheerenden Schlossbrand vom Mai 1774 wurde die schlichte Jakobskirche zur Hofkirche. Während der Befreiungskriege diente sie zeitweise als Lazarett, bis 1817 auch als Lagerhaus – starke Verwüstungen des Kircheninneren waren die Folge. Großherzog Carl August ließ die Kirche zum Reformationsjubiläum 1817 renovieren und den erhaltenen Kanzelaltar einbauen, bekrönt mit der himmelanschwebenden Christusfigur von Hofbildhauer Johann Peter Kauffmann.
An die Bach-Zeit erinnert im Kircheninnern nur wenig, einzig die 1631 von Melichor Möhring in Erfurt gegossene Glocke im Turm lässt noch immer ihre Stimme über die Dächer Weimars erschallen. Die Bronzeglocke mit Schlagton g1 und Darstellungen einer Madonna auf der Mondsichel sowie des Erzengels Michael gilt als Kriegsbeute Herzog Wilhelm IV. aus der mehrfach geplünderten Benediktinerabtei Gerode im Eichsfeld. Bis Weihnachten 1713 war sie die einzige Läuteglocke im Weimarer Schlossturm, seither hängt sie (zunächst mit zwei weiteren, 1713 von Nicolaus Jonas Sorber aus Erfurt gegossenen Glocken) auf dem Jakobskirchturm. Die größere der beiden Sorber-Glocken sprang 1872 und wurde 1876 durch die Gebrüder Ulrich aus Apolda umgegossen; 1917 fiel sie mit der kleineren Sorber-Glocke der gefräßigen Kriegsindustrie zum Opfer. Seit 1964 ergänzen zwei Bronzeglocken der Gießerei Franz Schilling Söhne, Apolda, mit Schlagton fis1 und h1 das Geläut der Jakobskirche.
Bildnachweis: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Juni 2019)