1736, 18. November (Leipzig): Brief an Johann Friedrich Klemm in Sangerhausen

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         HochEdler.

Hochgeehrtester Herr etc.

Die geneigte Aufnahme meines an Eu: HochEdlen jüngsthin abgelaßenen, habe aus Dero gütigsten Beantwortung fast in jeder Zeile verabspüren können; zumahln da meine erstere Bitte von Eu: HochEdlen so günstig aufgenommen worden. Wenn dann hierdurch verbundensten Danck zu erstatten schuldig, als bezeige Eu: HochEdlen, daß alle occasion suchen werde Ihnen davor meine stets bereitwilligste Ergebenheit zu Tage zu legen. Eu: HochEdlen hätte so fort des ersteren PostTages meine schrifftliche obligation bezeigen sollen, wenn nicht auf eine nochmahligste Nachricht (so Dieselben in Dero geEhrtesten Zuschrifft hochgeneigt einzusenden versprochen) gewartet; Da aber wegen Dero anderweitigen vielen Geschäfften Dieselbe biß dahero unterblieben, als habe meiner Schuldigkeit zu seyn erachtet, in Beantwortung | Eu: HochEdlen geehrtesten nicht länger zu verzögern; Und da vernehme, daß Eu: HochEdlen mit Dero vielgültigen recommendation u. interceßion vor das in mente habende subject, bereits so viel hochgeneigte Vorsorge gehabt, daß eine zu gehöriger Zeit bestimmte Probe Ihme nebst andern competenten hochgeneigt verstattet werden soll, als trage ferner kein Bedencken Eu: HochEdlen zu hinterbringen, daß das von mir vorgeschlagene Subject einer von meinen Söhnen sey. Ob nun zwar Eu: HochEdlen den eigentlichen Gehalt noch nicht völlig benachrichtigen können, so habe doch die confidence zu Dero HochEdlen u. Hochweisen Raths-Collegio, daß Dieselben ein von Ihnen vocirtes subject nicht werden Noth leiden laßen. Und wer weiß?, ob nicht hierunter Göttliche Schickung mit im Spiel, daß Eu: HochEdler Rath voritzo ehe im Stande sind, das meiner Wenigkeit vor bey nahe 30 Jahren, gethane Versprechen, in conferirung des damahlen vacanten | FiguralOrganisten Dienstes, in vocirung eines meiner Kinder, halten zu können, da Ihnen damahlen durch hohe LandesObrigkeit ein Subject zugeschicket wurde, welches causirete, daß, obwohln damahln die sämtlichen vota unter dem Regimente des seeligen Herrn Burgermeister Vollraths, meine Wenigkeit betraffen, ich doch wegen obiger raison, nicht so glücklich seyn könte, zu emergiren. Eu: HochEdlen nehmen ja nicht ungütig, daß meine damahligen Fata bey dieser occasion eröffne; Nur, da die erstere entree meiner schrifftlichen correspondence so geneigten ingreß gefunden, solches bringt mich auf die Gedancken, daß darunter vielleicht Göttliche Fügung mit versire. Eu. HochEdlen bleiben ferner ein geneigter Gönner von mir u. meiner Farnilie, und glauben, daß theils der Höchste ein Vergelter, ich aber nebst meiner Familie lebenslang seyen werde

Eu: HochEdlen

Leipzig. den 18 Novembr:                                                                          gantz gehorsamer

                     1736.                                                                                                             Diener

Joh: Seb: Bach

 

Herrn

Herrn Johann Friedrich Klemm,

Ew. HochEdlen und Hochweisen Raths zu

Sangerhausen hochansehnlichem MitGliede.

Meinem hochgeehrtesten Herrn

            in

                       Sangerhausen.

Francò.

 

Quelle: Bach-Dokumente, Band 1, Nr. 38