1723, 5. Mai (Leipzig): Endgültiger Revers des Thomaskantors

到大事年表

Cantoris bey der Thomas-
Schule

Revers.

Demnach E. E. Hochweiser Rath dieser Stadt Leipzig mich zum Cantorn der Schulen zu St. Thomas angenommen und einen Revers, in nachgesezten Puncten von mir zuvollziehen begehret, nehmlich:

1.) Daß ich denen Knaben, in einem erbarn eingezogenen Leben und Wandel, mit gutem Exempel vorleuchten, der Schulen fleißig abwarten, und die Knaben treulich informiren,

2.) Die Music in beyden Haupt-Kirchen dieser Stadt, nach meinem besten Vermögen, in gutes Aufnehmen bringen,

3.) E. E. Hochweisen Rathe allen schuldigen respect und Gehorsam erweisen und deßen Ehre und reputation aller Orthen bester maßen beobachten und befördern, auch so ein Herr
     des Raths die Knaben zu einer Music begehret, ihme dieselben ohnweigerlich folgen laßen, außer diesen aber denenselben auf das Land, zu Begräbnüßen oder Hochzeiten, | ohne
     des regierenden Herrn Bürgermeisters und der Herren Vorsteher der Schulen Vorbewust und Einwilligung zureisen keinesweges verstatten.

4.) Denen Herren Inspectoren und Vorstehern der Schulen in allen und ieden, was im Nahmen E. E. hochweisen Raths dieselbige anordnen werden, gebührende Folge leisten,

5.) Keine Knaben, welche nicht bereits in der Music ein fundament geleget, oder sich doch darzu schicken, daß sie darinnen informiret werden können, auf die Schule nehmen, auch
      solches, ohne derer Herren Inspectoren und Vorsteher Vorwißen und Einwilligung, nicht thun.

6.) Damit die Kirchen nicht mit unnöthigen Unkosten beleget werden mögen, die Knaben nicht allein in der Vocal- sondern auch in der Instrumental-Music fleißig unterweisen.

7.) Zu Beybehaltung guter Ordnung in denen Kirchen die Music dergestalt einrichten, daß sie nicht zulang währen, auch also beschaffen seyn möge, damit sie | nicht opernhafftig
     herauskommen, sondern die Zuhörer vielmehr zur Andacht aufmuntere.

8.) Die neue Kirche mit guten Schülern versehen,

9.) Die Knaben freundlich und mit Behutsamkeit tractiren, daferne sie aber nicht folgen wollen, solche moderat züchtigen, oder gehöriges Orts melden;

10.) Die Information in der Schule und was mir sonsten zuthun gebühret, treulich besorgen,

11.) Und da ich solche selbst zuverrichten nicht vermöchte, daß es durch ein ander tüchtiges Subjectum, ohne E. E. Hochweisen Raths, oder der Schule, Beytrag, geschehe, veranstalten,

12.) Ohne des regierenden Herrn Bürgermeisters Erlaubnüß mich nicht aus der Stadt begeben,

13.) In LeichBegängnüßen iederzeit, wie gebräuchlich, so viel möglich, bey und neben denen Knaben hergehen,

14.) Und bey der Universität kein officium, ohne E. E. Hochweisen Raths Consens annehmen solle und wolle;

Alß verreversire und verpflichte ich mich hiermit und in Krafft dieses, daß ich diesen allen, wie obstehet, treulich nachkommen und, bey Verlust meines Dienstes, darwieder nicht handeln wolle.
Zu Uhrkund habe ich diesen Revers eigenhändig unterschrieben und mit meinem Petschafft bekräfftiget. So geschehen in Leipzig, den 5. Maii, 1723.

                                                                                                                                    Johann Sebastian Bach.

 

Quelle: Bach-Dokumente, Band 1, Nr. 92