1742, 10. Januar (Leipzig): Selbstmord von Siegmund Friedrich Dresig

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Selbstmord von Siegmund Friedrich Dresig, Konrektor der Thomasschule zu Leipzig:

[…] dergleichen betrübter Casus geschahe den 10. [Januar] denn es erhing sich Hr. Mag. George Drößig Conrector auf der Thomas Schule, früh zwischen 7/8 Uhr im Barfüßer Zwinger an des Herrn L. R. A. Garten an eine Latte mit seiner Halß Krause, auf einen Stein stehend, den Horatium auf der Erde liegend gefunden worden; Nach erfolgtem Vergleich, indem er in dem Amts Gebiethe gehangen, 2). in des HochEdlen Raths Diensten gestanden, 3). eine Universitets Person gewesen, ist die Latte nicht von dem Schinder, sondern von einem Stadt Knecht abgebrochen worden, woran er gehangen, und der Cörper auf das Theatrum Anatom. Zur Section geliefert worden, da mann dann befunden, daß das Cadaver in den Cerebro und Diaphragmate vieles Wasser gehabt; Die Section verrichtete Hr D. Hebenstreit, Anat. PW., und wurde der Cörper in dem Pauliner Creuz Gang an der Kirche, bis auf hohe königl. Verordnung, in das so genanndte finstre Begräbniß beÿgesetzet behalten, derselbe aber auf Königl. Majtl. Befehl den 17. huj. auf dem Lazareth Kirch Hof in einem blatten Sarg in aller früh begraben. Nach diesen wurde deßen Stelle durch Hr. M. Hülsen als bisherig gewesenen Sonnabends Prediger wieder ersetzt.

Quelle: Stadtarchiv Leipzig, Andere Fortsetzung des Leipzigischen Jahr-Buchs, so ehemals von Herr Mag: Vogeln Predigern des göttlichen Worts der Gemeinde zu Panitzsch v. Sommerfeld etc. etc. zusammen getragen, aufgeschrieben und herausgegeben worden, nunmehro aber von 1714 fernerweit bis 1750 etc. allhier continuiret wird. von Johann Salomon Riemern J.V.C. et Acad. Fam. jur. Otterwisch: Misn: ("Riemer-Chronik"), Band 1, S. 317.

Anmerkung: Johann Elias Bach bemerkte am 25. Januar 1742 in seinem Entwurf zum Brief an Gottlob Persigk in Dresden: „… allein man weiß nicht eigentlich, was ihn zu dieser Judas That mag verleitet haben. Man giebt e. g. zur Ursache an, daß er bißhero unterschiedene Körbe von gewißen Frauenzimmern davon getragen, daß er viel Schulden gemacht etc. etc., aber die wahre Ursache mag wohl seyn, daß er seinen Gott verlaßen, sintemal man sagt, er habe vielmals von der religion gar spöttisch gesprochen. Er hat sich in dem Zwinger sogleich hinter der Pastor Wohnung an den Wagnerischen Garten an eine Krause gehangen und ein Ende genommen mit Schrecken.“ Nachfolger von Dresig wurde Conrad Benedict Hülse. Die anatomische Untersuchung erfolgte durch Johann Ernst Hebenstreit (1703−1757). Er war Professor für Anatomie und Medizin sowie Stadtarzt in Leipzig wie auch ein weitgereister Wissenschaftler.

Quelle: Andreas Glöckner (Bearb.), Dokumente zur Geschichte des Leipziger Thomaskantorats, Band 2, Leipzig 2018, Nr. VIII/F 54