Die Freie Reichsstadt Mühlhausen

Die Reichsstadt Mühlhausen war an einem Höhenrücken entstanden. Die Federzeichnung aus einer handschriftlichen Chronik im Stadtarchiv Mühlhausen (Sign. 61/38, Blatt 4–5) zeigt die nördliche Oberstadt von Osten mit der erhöht stehenden Marienkirche (rechts) und der kleineren Kirche Divi Blasii in der südlichen Niederung, der Unterstadt (auch Kaufmanns- oder Marktstadt). Zwischen beiden Stadtteilen fließt der Popperöder Bachlauf, der innerhalb der 2,7 Kilometer langen Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert Schwemmnotte heißt. Bis heute prägen die zahlreichen Wach- und Tortürme der Stadtmauer die Stadtsilhouette.

Die politischen und wirtschaftlichen Geschicke der Freien Reichsstadt Mühlhausen leitete ein, erstmals um 1220, erwähnter Stadtrat. Zur Mitte des 14. Jahrhunderts hatte das jährlich gewählte Gremium mit dem Recht der eigenen Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit sowie dem Münz- und Zollrecht weitreichende Befugnisse erlangt. Die Zusammensetzung des Rats spiegelte die Stadtgesellschaft wider: Sieben „Consules“ aus der Alt- und Neustadt regierten mit zwei gewählten Bürgermeistern sowie zehn Mitgliedern der Zünfte und zehn Vertretern der alten Ratsgeschlechter.

Der Dreißigjährige Krieg ruinierte die ohnehin angespannten Stadtfinanzen. Kaum hatte sich die politische Lage etwas beruhigt, raffte 1682/83 eine Pestepidemie 4.617 Einwohner hinweg; im August 1689 zerstörte ein Stadtbrand über 200 Gebäude (auf dem Stadtplan aus dem 19. Jahrhundert gelb markiert). Ein weiterer Großbrand traf die Stadt am 30. Mai 1707, wenige Wochen nachdem Johann Sebastian Bach in der Kirche Divi Blasii erfolgreich seine Probemusik aufgeführt hatte. Als er Mitte Juni zu Vertragsverhandlungen nach Mühlhausen reiste, war die Unterstadt zwischen Ratsgasse, Kornmarkt und Erfurter Tor weitgehend zerstört (in der Karte grün markiert). Auf der Illustration aus einer anderen handschriftlichen Stadtchronik ist rechts die Silhouette der Blasius-, links die der Marienkirche zu erkennen.

Bachs Kantate Aus der Tieffen rufe ich Herr zu Dir BWV 131 scheint in Zusammenhang mit der Brandkatastrophe zu stehen, denn auf der letzten Seite der Reinschrift notierte er: „Auff begehren Tit: Herrn D: Georg: Christ: Eilmars in die | Music gebracht von | Joh: Seb: Bach | Org: Molhusino.“ Georg Christian Eilmar war Pfarrer an der Marienkirche und könnte die Textvorlage geliefert haben.

Bildrechte Stadtarchiv Mühlhausen