Residenz der Fürsten von Sachsen-Anhalt
Ähnlich wie Arnstadt und Weimar war Köthen eine Stadt von überschaubarer Größe. Innerhalb der Stadtmauern lebten etwa 4.000 Einwohner, die Wege waren kurz. Der um 1720 entstandene Kupferstich zeigt die Residenz in idealisierter Ansicht von Süden und basiert auf einem 1650 von Caspar und Matthäus Merian geschaffenen Stich für deren umfangreiche Topographie. Unterschiede bestehen in Details wie der neuen lutherischen Agnus-Kirche (C).
Das am Abzweig der Handelsstraße Magdeburg – Halle/Leipzig gelegene Köthen ist erstmals um 1115 urkundlich erwähnt. Albrecht von Sachsen (auch Albrecht der Bär), entwickelte den Ort zu einem wichtigen Herrschafts- und Handelszentrum der Askanier, das zwischen 1244 und 1847 Residenzstadt war. Das erhöht dargestellte Schloss (A) lag außerhalb des Stadtzentrums, den städtischen Mittelpunkt bildete die westlich gelegene Stadt- und Kathedralkirche St. Jakob (B) mit dem Marktplatz. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts war östlich der Stadtmauer die mit eigenen Wallanlagen geschützte Neustadt entstanden, die aus einer beidseitig bebauten Straße bestand, die sich in nördlicher Richtung zu einem Platz (heute Neustädter Platz) weitete. Zwar verfügte die Neustadt über einen eigenen Rat, aber keine Kirche. Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen gliederte sie 1620 der Stadt Köthen ein. Rund einhundert Jahre später, 1719, ließ Fürst Leopold von Anhalt-Köthen die Stadt nach Westen erweitern. Anstelle von Gärten und Teilen der Wallanlage entstand die ringförmige Wallstraße mit zweigeschossigen Bürgerhäusern und Gärten.
Ihr wirtschaftliches Auskommen fanden die Köthener in Landwirtschaft, Handel und Handwerk, das jedoch nicht überregional ausstrahlte, sondern den Bedarf der näheren Umgebung deckte. Die Fürsten betrieben zwei Wassermühlen, der Rat eine Öl- und Mehlmühle, die 1563 durch drei Windmühlen im Süden ergänzt wurden und deren Anzahl sich bis ins 18. Jahrhundert auf acht erhöhte. Die sogenannten "holländischen Mühlen" sind auf der Ansicht im Vordergrund gut erkennbar.
Wie in anderen mitteldeutschen Städten erstarkte seit dem frühen 16. Jahrhundert das Brauwesen, dem die städtische Brauerschaft vorstand. Zwar durfte nur in den beiden städtischen Brauhäusern gebraut werden, doch das Braurecht bestimmte indirekt das Stadtbild, denn zum Trocknen der Braugerste bedurfte es hoher und luftiger Dachböden. Das Bier wurde in gleichmäßig temperierten kühlen und frostfreien Kellergewölben eingelagert. Mit der Braugerechtigkeit war in der Regel auch das Schankrecht verbunden, weshalb einige Häuser mit Braurecht über geräumige Stuben verfügten. Auswärtige Biere durfte aber nur der städtische Ratskeller im Untergeschoss des Rathauses annehmen und ausschenken.
Die günstige Lage an der Fernhandelsstraße bedingte auch, dass Köthen unter der Regierung Fürst Wilhelm Ludwigs von Anhalt-Köthen an das reichsweite Postnetz angeschlossen wurde. Die Lage und günstige ökonomische Entwicklung führten dazu, dass sich die Residenzstadt sowohl von den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges als auch den Pestjahren 1682/83 rasch erholen konnte. Im Umfeld des Hofes entstanden schließlich eine Fayencemanufaktur sowie die Gold- und Silberfabrik des Markus von Schnurbein; weiter lassen sich in Köthen Posamentierer und Zinngießer sowie jüdische Händler nieder, die regelmäßig in den Hofrechnungen erscheinen.
Konfessionell ist Köthen gespalten. Im Zuge der Reformation wandte sich die askanischen Fürsten von Anhalt-Köthen 1525 zunächst dem lutherischen, ab 1606 dem calvinistisch-reformierten Bekenntnis zu, wobei in Köthen einige Familie ihrem lutherischen Bekenntnis treu blieben. Fürst Emanuel Lebrecht heiratete 1692 heimlich und gegen den erklärten Willen seiner Eltern die niederem lutherischem Landadel entstammende Gisela Agnes von Rath. Der calvinistische Fürst unterstützte den Einsatz seiner Frau für die lutherischen Untertanen und pflegte eine liberale Religionspolitik. Am 6. Januar 1693 bat sie ihren Gemahl, für die lutherische Gemeinde eine Kirche zu errichten. Am 16. März stimmte der Monarch von Gottes Gnaden zu und legte am Geburtstag seiner Gattin, dem 9. Oktober 1694 eigenhändig den Grundstein für die 1699 geweihte Agnus-Kirche am Rande des Schlossbezirks. Auch erhielt der Friedhof vor dem Halleschen Tor eine lutherische Abteilung. Aus politischen Gründen konvertierte das Haus Anhalt-Köthen 1825 zum Katholizismus. Westlich des Schlossareals entstand die katholische Schlosskirche (heute St. Mariä Himmelfahrt) und auf dem Friedhof eine katholische Abteilung. Zur Bachzeit bestand außerdem eine jüdische Gemeinde im Schalaunischen Viertel.
Bildnachweis: Bach-Archiv Leipzig