Dornheim, Bartholomäuskirche

Vor den Toren Arnstadts liegt das Dorf Dornheim – in einem etwa 30-minütigen Fußmarsch erreichbar. Die aus dem 12. Jahrhundert stammende Kirche St. Bartholomäus war 1474 erweitert worden und hatte um 1500 zwei Flügelaltäre erhalten. Der heutige Kanzelaltar mit Figuren von Heinrich Christoph Meil aus Arnstadt entstand 1724, einige Jahre später die Orgel. Die heutige Orgel erbauten Justus Ehrenfried Gerhard und Christian Sigmund Voigt 1766 für die Kirche in Schöngleina. Das 18 Register auf zwei Manualen und Pedal umfassende Instrument kam 1985 nach Dornheim.

In der Bartholomäus-Kirche fand am 17. Oktober 1707 die Trauung von Johann Sebastian Bach und seiner Cousine 2. Grades, Maria Barbara Bach, statt. Die Hochzeit war ordnungsgemäß in Arnstadt verkündet und aufgeboten worden, doch weshalb die Zeremonie in Dornheim stattfand, ist bislang unklar. Denkbar sind persönliche Gründe, zumal Pfarrer Johann Laurenz Stauber am 5. Juni 1708 hier Regina Wedemann, die 1660 geborene Tante Maria Barbara Bachs, heiratete. Im Zusammenhang mit einer dieser Hochzeiten wird die Entstehung der nur mit Streichern und Gesangsstimmen besetzten Kantate Der Herr denket an uns BWV 196 vermutet.

An die Trauung von Johann Sebastian und Maria Barbara Bach erinnert an der südlichen Außenwand der Kirche eine am 21. März 1935 gestiftete Holzstele von H. Fischer sowie seit 2002 an der Friedhofsmauer das Bronzeporträt Bachs, von Bernd Goebel (Halle/Saale) nach dem Arnstädter Bachdenkmal geschaffen.

St. Bartholomäuskirche Dornheim und Bach-Büste im März 2018, Holzstele im November 2018.
Bildrechte Bach-Archiv Leipzig (Markus Zepf)

Alter Friedhof

1537 entstand vor dem Erfurter Tor westlich des Schlossgartens der Arnstädter Friedhof. Hier fanden 82 Angehörige der Familie Bach ihre letzte Ruhestätte, darunter 26 Musiker. 1864 wurde der Friedhof aufgegeben und 1924 in eine Parkanlage umgewandelt.

Die Gräber der Bach-Familie sind längst eingeebnet. An der 1738–1743 nach Plänen von Johann Wilhelm König erbauten Gottesackerkirche (seit 1974 katholische Kirche St. Elisabeth, Weihe 1987) erinnert eine schlichte Holztafel an die hier bestatteten Musiker der Familie Bach. In der Parkanlage nennt ein mannshoher Sandstein-Obelisk einige bekannte Namen.

Bildrechte: Bach-Archiv Leipzig (Markus Zepf, November 2018).

Gasthaus „Goldene Sonne“ im Ried

Auf der Grundlage älterer Quellen berichtet Johann Nikolaus Forkel in seiner 1802 gedruckten Bach-Biographie, dass die Mitglieder der verzweigten Bach-Familie sich jährlich an wechselnden Orten trafen: "Der Versammlungsort war gewöhnlich Erfurt, Eisenach oder Arnstadt. Die Art und Weise, wie sie die Zeit während dieser Zusammenkunft hinbrachten, war ganz musikalisch." (Dok VII, S. 16)

Glaubt man mündlicher Überlieferung aus dem frühen 20. Jahrhundert, so war das Gasthaus „Goldene Sonne“ am Riedplatz (heute: Ried 3) unterhalb der Arnstädter Oberkirche mehrfach Schauplatz dieser musikalischen Familientreffen. Das Gebäude ist in veränderter Form erhalten und besaß eine Braugerechtigkeit.

Drei Häuser weiter (heute: Ried 9) befindet sich das 1491 erstmals erwähnte Ausspann- und Brauhaus „Zum großen Christoph“. Der Hauskern stammt aus dem späten Mittelalter, 1693 erhielt das Gebäude mit seinem 1574 entstandenen monumentalen Fresko des Namenspatrons den markanten Schweifgiebel. Im Erdgeschoss befindet sich ein 1544 vollendetes Verkaufsgewölbe. Gegenüber mündet die Jakobsgasse in den Riedplatz, an deren östlichem Ende 1635 der Stadtmusiker und Türmer Caspar Bach ein kleines Haus erwarb. Eine schwarze Marmortafel mit goldenen Lettern erinnert an den Begründer der Arnstädter Bach-Linie.

Bildrechte: Bach-Archiv Leipzig (Markus Zepf, November 2018)

Zimmerstraße 18

Im Jahr 1670 zerstörte ein Stadtbrand die östlichen Teile Arnstadts um den Holz- und Wollmarkt. Der Wiederaufbau folgte den finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer. In der damaligen Herrengasse (heute Zimmerstraße), nur wenige Gehminuten von Schloss Neideck entfernt, wohnten überwiegend höfische und städtische Beamte. An Stelle der heutigen Zimmerstraße 18 besaß der gräfliche Küchenschreiber und Stadtorganist Christoph Herthum ein zweigeschossiges Wohnhaus. Hier verbrachte sein Schwiegervater Heinrich Bach seinen Lebensabend und starb am 10. Juli 1692. Nach Herthums Tod am 12. Februar 1710 übernahm dessen Schwiegersohn Andreas Börner das Gebäude. In den 1880er Jahren wurde es abgebrochen und durch ein damals zeitgemäßes Wohnhaus mit Backsteinfassade ersetzt.

Hauptmarkt

Vor dem Rathaus erstreckt sich der von Lindenbäumen gesäumte Hauptmarkt. Hier fanden sowohl Märkte als auch Hinrichtungen statt. Am Markt brach im August 1581 der verheerende Stadtbrand aus; beim Wiederaufbau veränderten die Stadtväter aber die Baufluchten und schufen ab 1585 an der Ostseite die bis heute bestehenden Galeriegebäude. Diese beschädigte 1670 ein weiterer Stadtbrand stark. Oberhalb des steinernen Erdgeschosses mussten die Fachwerkgebäude ab 1673 neu aufgebaut werden, später wurde das Fachwerk mit Schiefer verkleidet. Zur Zeit des jungen Bach war an den meisten Bürgerhäusern am Marktplatz das Fachwerk der oberen Stockwerke sichtbar. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erhielten sie eine Putzfassade, zum Teil mit Stuckaturen.

Beim Rathaus war bis 1825 ein langer Steintisch das für jedermann sichtbare Zeichen auf Arnstadts eigene Gerichtsbarkeit. In der Nähe jenes Steintisches geriet Johann Sebastian Bach in der Nacht des 4. August 1705 mit dem Chorschüler Johann Heinrich Geyersbach in eine Schlägerei, die eine ausführliche Untersuchung nach sich zog. An diese Episode sowie den vierjährigen Arnstädter Aufenthalt des jungen, bisweilen ungestüm gegen seine Vorgesetzten auftretenden Johann Sebastian Bach erinnert das zu seinem 300. Geburtstag 1985 von Bernd Göbel aus Halle/Saale geschaffene Bronze-Denkmal auf dem südlichen Marktplatz.

Marktplatz und Bach-Denkmal im März 2018.
Bildrechte beim Bach-Archiv Leipzig (Markus Zepf)

Alte Kanzlei

Die in den Schlossbezirk einbezogene Alte Kanzlei ließ Graf Anton Günther II. durch einen langgestreckten Neubau im Vorhof des Schlosses ersetzen. Darin untergebracht waren die gräfliche Regierung, das Konsistorium, die Hofkammer und das Amt Arnstadt. Hier unterzeichnete Johann Sebastian Bach am 9. August 1703 seine Bestallung. In diesem Gebäude fanden im August 1705 auch die Verhöre nach der Schlägerei zwischen dem Organisten und dem Chorschüler Johann Heinrich Geyersbach statt.

1729–1735 entstand anstelle der Kanzlei sowie einiger Nebengebäude das Neue Palais als Witwensitz der Fürstin Elisabeth Albertine von Schwarzburg-Sondershausen. Heute ist hier das Schlossmuseum Arnstadt untergebracht.

Bildrechte Bach-Archiv Leipzig (Dr. Markus Zepf, November 2018)

Haus "Zur Güldenen Krone"

Ein Stadtbrand hatte 1670 große Teile des Holzmarkts betroffen. In den schrittweisen Wiederaufbau fällt 1683 die Erhebung Arnstadts zur Residenz durch Graf Anton Günther II., die einen repräsentativen Bauzwang mit sich brachte. Aus dieser Zeit stammt das Wohnhaus am heutigen Holzmarkt 7, das eine Braugerechtigkeit besaß und zur Ledergasse ein steinernes Nebengebäude (sogenannte Kemlette) hatte. Spätestens im 19. Jahrhundert wurden beide Gebäude unter einem Dach vereint.

Eigentümer der Gebäude war zwischen 1695 und 1716 Bürgermeister Martin Feldhaus. Er quittierte am 1. August 1707 (Johann Sebastian Bach war bereits nach Mühlhausen übergesiedelt) den Empfang von 30 Talern Kostgeld aus dem Hospitalfonds St. Georg „wegen des Organisten in der neuen Kirchen, Herrn Johann Sebastian Bachs, […] vor jährlich Kost, bette undt stuben von Aug. 1706. biß 1707.“ (Dok II, Nr. 26). Nimmt man diese Quittung wörtlich, so hat Johann Sebastian Bach von August 1706 bis zu seiner Übersiedlung nach Mühlhausen Ende Juli 1707 in einem der beiden Gebäudeteile gewohnt. Aus diesem Grund stiftete zu seinem 250. Geburtstag 1935 die Reichsmusikkammer eine Gedenktafel, die neben dem Eingang Holzmarkt 7 angebracht ist.

Martin Feldhaus war auf unterschiedliche Weise mit dem jungen Bach und seiner Familie verbunden. Er verwaltete die Gelder für Wenders Orgelneubau in der Neuen Kirche und war an der Berufung Johann Sebastian Bachs als deren Organist beteiligt. Durch seine Hochzeit mit Margarethe Wedemann 1679 gehörte er zum engeren Verwandtschaftskreis der Arnstädter Bachfamilie: Die ältere Schwester Marie Elisabeth Wedemann war mit dem Eisenacher Organisten Johann Christoph Bach (einem Sohn Heinrich Bachs, der von 1665 bis zu seinem Tod 1703 als Stadt- und Hoforganist in Eisenach wirkte) verheiratet, die jüngere Schwester Catharina Wedemann mit dem Stadtschreiber und Stadtorganisten Johann Michael Bach in Gehren. Dessen Tochter Maria Barbara wiederum zog nach dem Tod der Eltern mit zwei Schwestern nach Arnstadt, wo sie 1706/07 im Abendmahlsregister genannt sind. Unklar ist, ob sie bei Martin Feldhaus, Johann Christoph Bachs Witwe in der Kohlgasse 7 oder einem anderen Mitglied der Familie Unterkunft fanden. Maria Barbaras fünf Jahre ältere Schwester Barbara Catharina Bach wurde in der Nacht vom 4. August 1705 jedenfalls Zeuge des Raufhändels zwischen Johann Sebastian Bach und dem Chorschüler Johann Heinrich Geyersbach auf dem Arnstädter Hauptmarkt und gab zu Protokoll, dass sie mit dem Organisten auf dem Heimweg von Küchenschreiber Christoph Herthum (heute Zimmerstraße 18) den Markt überquerte. Wie dem auch sei, die Vermutung, dass Johann Sebastian Bach seine spätere Ehefrau Maria Barbara im Umfeld der Familie Feldhaus kennenlernte, liegt jedenfalls nahe.

Wohnhaus Holzmarkt 7 und Bronzetafel im März 2018, Seitengebäude Ledermarkt November 2018.
Bildrechte Bach-Archiv Leipzig (Markus Zepf)

Bach privat

Johann Sebastian Bachs erster nachweisbarer Kontakt mit Arnstadt war die Prüfung von Johann Friedrich Wenders Orgelneubau in der Neuen Kirche Anfang Juli 1703. Mit der Bestallung zum Organisten der Neuen Kirche am 9. August 1703 war für den 18-Jährigen der Boden im Umfeld der Musikerfamilie bereitet, denn seit 1620 lebten und wirkten Angehörige der verzweigten Musikerfamilie in Arnstadt. Johann Sebastian Bachs Vater Johann Ambrosius Bach hatte hier seine Laufbahn als Berufsmusiker begonnen und zog über Erfurt nach Eisenach. Dessen zweite Ehefrau, Barbara Margaretha Bartholomaei, stammte ebenfalls aus Arnstadt. Die Tochter des Bürgermeisters Caspar Keul war in erster Ehe mit dem Arnstädter Stadtorganisten Johann Günther Bach verheiratet. Nach dessen Tod ehelichte sie den ebenfalls hier wirkenden Diakon Jacobus Bartholomaei. Ob sie nach Johann Ambrosius Bachs Tod im Februar 1695 nach Arnstadt zurückkehrte, lässt sich bislang nicht belegen.

Neben Erfurt und Eisenach war Arnstadt ein Ort der Bachschen Familientage, die nach Überlieferung von Carl Philipp Emanuel Bach sehr lebhaft verliefen und vom gemeinsamen Musizieren geprägt waren. In Arnstadt lebten unter anderem:

  • Heinrich Bach, der seit September 1641 den Orgeldienst an der städtischen Liebfrauen- und Oberkirche sowie bei Hofe in Schloss Neideck versah. Er übernahm 1661 unter anderem die Fürsorge über die Zwillinge Johann Christoph [Nr. 12 der Genealogie] und Johann Ambrosius Bach. Als Substitut unterstützte ihn 1689/90 Johann Sebastian Bachs ältester Bruder Johann Christoph Bach, der anschließend als Organist ins 17 Kilometer entfernte Ohrdruf wechselte.
  • Christoph Herthum, Schwiegersohn Heinrich Bachs und von 1694 bis zu seinem Tod 1710 dessen Nachfolger als Stadtorganist an der Oberkirche Arnstadt. Er war Taufpate von Johann Christoph Bach, dem ältesten Sohne Johann Ambrosius Bachs.
  • Johann Michael Bach, der 1648 geborene Sohn Heinrich Bachs war 1673–1694 Stadtorganist im Amt Gehren und nach Angaben Johann Sebastian Bachs „ein habiler Componist“. 1675 heiratete er die Tochter des Arnstädter Stadtschreibers Johannes Wedemann. Die gemeinsame Tochter Maria Barbara heiratete am 17. Oktober 1707 Johann Sebastian Bach in Dornheim vor den Toren Arnstadts.
  • Johann Christoph Bach, der Zwillingsbruder Johann Ambrosius Bachs, lebte von 1671 bis zu seinem Tod 1693 als Hof- und Stadtmusiker in Arnstadt. Sein Wohnhaus in der Kohlgasse 7 ist erhalten.
  • Dessen ältester Sohn Johann Ernst Bach besuchte nach dem Tod seines Vaters von November 1696 bis Ostern 1701 (gemeinsam mit seinem Vetter Johann Sebastian Bach) die Lateinschule in Ohrdruf. Dort lebte er vermutlich im Haushalt seines Onkels mütterlicherseits, des Kantors und Lehrers Johann Heinrich Kühn. Nach einem Studienaufenthalt in Hamburg und Frankfurt kehrte er 1705 nach Arnstadt zurück, vertrat seinen Vetter Johann Sebastian Bach während dessen Reise nach Lübeck und wurde 1708 zu dessen Nachfolger an der Neuen Kirche, 1728 schließlich als Nachfolger Andreas Börners an der Liebfrauenkirche bestellt. Er bewohnte sein Elternhaus in der Kohlgasse 7.
  • Andreas Börner heiratete 1695 Maria Elisabeth Herthum, die Tochter von Stadtorganist Christoph Herthum. Er begleitete mindestens seit 1695 die Gottesdienste in der Neuen Kirche auf einem Orgelpositiv und erhielt am selben Tag wie Johann Sebastian Bach die Bestallung zum Organisten der Liebfrauenkirche.

 

Liebfrauenkirche (Frühkirche)

Im Westen der Arnstädter Altstadt entstand zwischen 1180 und 1330 die dreischiffige Liebfrauenkirche, auch Unterkirche genannt. Die dreischiffige Basilika mit ihrem hochgotischen Hallenchor zeigt spätromanisch-frühgotische Formen. Ihre Doppelturm-Fassade entstand im späten 19. Jahrhundert.

Seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert wurde in diesem Gotteshaus sonn- und feiertags zwischen 5.30 und 7.30 Uhr Gottesdienst gefeiert, weshalb die Liebfrauenkirche volkstümlich auch "Frühkirche" genannt wurde. Am 9. August 1703 erhielt Andreas Börner, der Schwiegersohn von Stadtorganist Christoph Herthum, seine Bestallung als Organist.

Ein 2001–2003 entstandenes Modell der Liebfrauenkirche mit der neugotischen Doppelturmfassade ist auf dem Gelände des ehemaligen Schlosses Neideck ausgestellt.
Bildrechte Bach-Archiv Leipzig (Dr. Markus Zepf, November 2018).

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