Bachhaus Lutherstraße

Als Johann Ambrosius Bach im Oktober 1671 sein Probespiel in Eisenach erfolgreich bestanden hatte, gewährte ihm der Stadtrat laut Anstellungsvertrag drei Jahre freie Wohnung. Den Mietzins in Höhe von 10 Gulden (= florin, abgekürzt fl.) bezahlte die Stadtkasse an Oberförster Balthasar Schneider, der laut erhaltener Steuerlisten von 1679/80 in der heutigen Ritterstraße 11 wohnte. Hier dürften Johann Ambrosius und Elisabeth Bach mit ihrem in Erfurt geborenen ältesten Sohn Johann Christoph die ersten drei Jahre verbracht haben. Am 6. März 1673 kam der zweite Sohn Johann Balthasar zur Welt, dessen Namensgeber und Pate Oberförster Balthasar Schneider wurde; der Knabe starb am 5. April 1691.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt erwarb Johann Ambrosius Bach ein eigenes Haus in der Fleischgasse. Über die genaue Lage besteht Uneinigkeit; der Lokalhistoriker Fritz Rollberg brachte das heutige Grundstück Lutherstraße 35 ins Spiel. Von dem Gebäude sind weder zeitgenössische Ansichten noch Grundrisse überliefert, allerdings lässt ein 1717 datierter Stadtplan die schlichte zweigeschossige Bebauung mit großzügigen Gärten hinter den Häusern erahnen. Das heutige Gebäude mit Ladengeschäft im Erdgeschoss ist 1905 entstanden und dürfte weitgehend der historischen Bauflucht entsprechen. Dass Johann Ambrosius Bach mit seiner Familie und den Lehrjungen hier lebte, ist denkbar, lässt sich bislang mangels archivalischer Zeugnisse aber ebenso wenig belegen, wie im Falle des Bachhauses am heutigen Frauenplan.

Als Johann Sebastian Bach am 21. März 1685 in Eisenach geboren wurde, gehörten zum Bachschen Haushalt die Kinder Johann Christoph, Johann Balthasar, Johann Jonas (der am 22. Mai 1685 begraben wurde), Maria Salome, Johanna Juditha und Johann Jacob Bach. Johann Ambrosius Bachs geistig behinderte Schwester Dorothea Maria war bereits 1679 gestorben. Hinzu kamen die Stadtpfeifer-Lehrlinge, eventuell auch eine Magd oder Köchin, die die Hausfrau Elisabeth Bach unterstützte.

Nach dem Tod seiner Ehefrau am 3. Mai 1694 heiratete Johann Ambrosius Bach am 27. November 1694 die aus Arnstadt stammende Barbara Margaretha Keul. Dem kränkelnden Ehemann war keine lange Ehe beschieden, er starb bereits am 20. Februar 1695. Seine beiden jüngsten Söhne, der 1682 geborene Johann Jacob und Johann Sebastian Bach, kamen zur weiteren Ausbildung zu ihrem ältesten Bruder, Johann Christoph Bach, nach Ohrdruf. Kurz darauf verliert sich die Spur seiner Witwe.

Bildnachweis: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Juni 2019)

Bachs im Dienst

Johann Ambrosius Bach erwarb zu einem unbekannten Zeitpunkt ein Wohnhaus in der Fleischgasse. Als Leiter der Stadtmusik waren die Georgenkirche sowie das Rathaus seine Arbeitsorte. Die Proben mit seinen Stadtmusikergesellen fanden mit großer Wahrscheinlichkeit zuhause statt. Da er zusammen mit seinem Arnstädter Neffen Johann Christoph Bach als Hofmusiker bei Herzog Johann Georg I. bestallt war, gehörte auch das damalige Schloss südlich der Georgenkirche zu den Bachschen Wirkungsorten.

Das neue Stadtschloss auf der Nordseite des Markts entstand lange nachdem der 1695 zum Vollwaisen gewordene Johann Sebastian Bach die kleine Residenzstadt verlassen hatte. Hier wirkte zeitweise sein Neffe Johann Ernst Bach. 1722 als Sohn des nunmehrigen Eisenacher Stadtorganisten Johann Bernhard Bach hier geboren, erhielt Johann Ernst Bach einen Teil seiner Ausbildung bei seinem berühmten Onkel in Leipzig und kehrte 1741 nach Eisenach zurück. Als Stadtorganist bekleidete er 1756–1758 zusätzlich die Position eines Hofkapellmeisters von Sachsen-Weimar. Den Titel durfte er auch nach der Auflösung der kleinen Kapelle führen. Mit seiner Familie steht schließlich auch das heutige Bachhaus am Frauenplan in Verbindung.

Bachs privat

Johann Sebastian Bachs Vater Johann Ambrosius hatte 1671 die Leitung der Eisenacher Stadtmusik übernommen und zog im Oktober mit seiner Familie von Erfurt hierher. Er bildete Musikerlehrlinge aus, die üblichen Gepflogenheiten folgend, während ihrer Lehrzeit in seinem Haushalt lebten und Lehrgeld bezahlten. Laut Anstellungsurkunde hatte er täglich mit seinen vier Gesellen vom Rathausturm zu musizieren ("Abblasen"), nämlich "mittags ümb 10 uhr, deß abends aber ümb 5 uhr". Weiter hatten Johann Ambrosius Bach und seine Gesellen in der Georgenkirche sonn- und festtags "vor undt nach der Predig, vor undt nachmittag beym Gottes Dienst nach anordnung des Herrn Cantoris aufzuwarten". Mit anderen Worten wuchs Johann Sebastian Bach in einem musikalischen Haushalt heran und lernte schon in Kindertagen die Pflichten eines Berufsmusikers kennen, der zugleich in Diensten eines musikverständigen Duodezfürsten stand.

Zu Johann Ambrosius Bachs Entlohnung gehörte eine bestimmte Menge Leichtbier, das aus dem zweiten Aufguss gewonnene Koffent. Zudem durfte Johann Ambrosius Bach für den Eigenbedarf einen Haustrunk brauen, wobei unklar ist, ob dies zuhause oder in einem der städtischen Brauhäuser geschah. Um 1700 bestand die Residenzstadt Eisenach aus 1205 Häusern, davon waren 257 Brauhöfe. Elf Laufbrunnen lieferten das zum Brauen wie auch für den täglichen Bedarf benötigte Trinkwasser, hinzu kamen 33 Pump- und Ziehbrunnen. Streng kontrolliertes Trinkwasser, wie es heute in Deutschland Standard ist, gab es nicht.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt erwarb Johann Ambrosius Bach ein Haus in der Fleischgasse, der heutigen Lutherstraße 35. Hier wurden seine jüngsten Kinder geboren und hier wuchs Johann Sebastian Bach die ersten zehn Jahres seines Lebens offenbar in sozial gesicherten Verhältnissen heran. Anders Johann Christoph Bach, der aus Arnstadt gebürtige Vetter seines Vaters Johann Ambrosius Bach. Dieser bekleidete von Dezember 1665 bis zu seinem Tod 1703 die Stelle des Stadtorganisten und geriet zusehends in finanzielle Bedrängnis. Mit großem Einsatz initiierte er den Neubau der großen Orgel in der Georgenkirche durch Georg Christoph Stertzing, deren Vollendung er aber nicht mehr erlebte.

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Alter Friedhof

Bis zur Reformation besaß Eisenach drei Begräbnisplätze an den Pfarrkirchen St. Nikolai (am heutigen Karlsplatz), dem Dom Unserer lieben Frauen (oberhalb des heutigen Frauenplans) sowie beim Franziskanerkloster. Im Zuge der Reformation entstand hinter der Stadtmauer am Predigertor ein neuer Begräbnisplatz, der bis Mitte des 19. Jahrhunderts belegt wurde. Heute sind entlang der alten Stadtmauer zur ehemaligen Münze (dem zeitweiligen Wohnhaus Johann Christoph Bachs) bzw. der ehemaligen Lateinschule, die Johann Sebastian Bach von 1693 bis 1695 besuchte, Grabsteine des 16. und 17. Jahrhunderts aufgestellt, die teilweise vom alten Friedhof am Franziskanerkloster stammen.

Auf dem Kirchhof ließ Herzog Johann Georg II. von Sachsen, mit Unterstützung seiner Mutter Johannetta, zwischen 1692 und 1696 die Kreuzkirche nach Plänen von Johann Münzel und Johann Ernst Kraussold errichten. Als Baumaterial dienten Teile der Stadtmauer sowie der ehemaligen Domkirche am Frauenplan. Superintendent Johann Christoph Zerbst weihte am 2. Dezember 1697 die protestantische Predigtkirche, die mit der Aufhebung des Friedhofs 1867 profaniert wurde.

Auf dem Friedhof fanden Angehörige der Musikerfamilie Bach ihre letzte Ruhestätte, unter anderem am 3. Mai 1694 Johann Sebastian Bachs Mutter Elisabeth, geborene Lämmerhirt, und am 24. Februar 1695 ihr Ehemann Johann Ambrosius Bach. Ferner befanden sich hier die Gräber von dessen Vetter Johann Christoph Bach, Organist der Georgenkirche (begraben am 2. April 1703) und dessen Ehefrau Maria Elisabeth (geborene Wiedemann, begraben 23. März 1703), Johann Sebastian Bachs Neffe Johann Ernst Bach, Organist an St. Georgen und seit 1756 Hofkapellmeister Sachsen-Weimar (begraben am 3. September 1777). An die zahlreichen Angehörigen der Bach-Familie erinnert heute am Eingang vom Martin-Luther-Gymnasium ein heller Sandstein. Der ehemalige Gottesacker dient als innerstädtischer Park.

Bildnachweis: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Juni 2019)

Köthen – Residenz der Fürsten von Sachsen-Anhalt

Ähnlich wie Arnstadt und Weimar war Köthen eine Stadt von überschaubarer Größe. Innerhalb der Stadtmauern lebten etwa 4.000 Einwohner, die Wege waren kurz. Der um 1720 entstandene Kupferstich zeigt die Residenz in idealisierter Ansicht von Süden und basiert auf einem 1650 von Caspar und Matthäus Merian geschaffenen Stich für deren umfangreiche Topographie. Unterschiede bestehen in Details wie der neuen lutherischen Agnus-Kirche (C).

Das am Abzweig der Handelsstraße Magdeburg – Halle/Leipzig gelegene Köthen ist erstmals um 1115 urkundlich erwähnt. Albrecht von Sachsen (auch Albrecht der Bär), entwickelte den Ort zu einem wichtigen Herrschafts- und Handelszentrum der Askanier, das zwischen 1244 und 1847 Residenzstadt war. Das erhöht dargestellte Schloss (A) lag außerhalb des Stadtzentrums, den städtischen Mittelpunkt bildete die westlich gelegene Stadt- und Kathedralkirche St. Jakob (B) mit dem Marktplatz. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts war östlich der Stadtmauer die mit eigenen Wallanlagen geschützte Neustadt entstanden, die aus einer beidseitig bebauten Straße bestand, die sich in nördlicher Richtung zu einem Platz (heute Neustädter Platz) weitete. Zwar verfügte die Neustadt über einen eigenen Rat, aber keine Kirche. Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen gliederte sie 1620 der Stadt Köthen ein. Rund einhundert Jahre später, 1719, ließ Fürst Leopold von Anhalt-Köthen die Stadt nach Westen erweitern. Anstelle von Gärten und Teilen der Wallanlage entstand die ringförmige Wallstraße mit zweigeschossigen Bürgerhäusern und Gärten.

Ihr wirtschaftliches Auskommen fanden die Köthener in Landwirtschaft, Handel und Handwerk, das jedoch nicht überregional ausstrahlte, sondern den Bedarf der näheren Umgebung deckte. Die Fürsten betrieben zwei Wassermühlen, der Rat eine Öl- und Mehlmühle, die 1563 durch drei Windmühlen im Süden ergänzt wurden und deren Anzahl sich bis ins 18. Jahrhundert auf acht erhöhte. Die sogenannten "holländischen Mühlen" sind auf der Ansicht im Vordergrund gut erkennbar.

Wie in anderen mitteldeutschen Städten erstarkte seit dem frühen 16. Jahrhundert das Brauwesen, dem die städtische Brauerschaft vorstand. Zwar durfte nur in den beiden städtischen Brauhäusern gebraut werden, doch das Braurecht bestimmte indirekt das Stadtbild, denn zum Trocknen der Braugerste bedurfte es hoher und luftiger Dachböden. Das Bier wurde in gleichmäßig temperierten kühlen und frostfreien Kellergewölben eingelagert. Mit der Braugerechtigkeit war in der Regel auch das Schankrecht verbunden, weshalb einige Häuser mit Braurecht über geräumige Stuben verfügten. Auswärtige Biere durfte aber nur der städtische Ratskeller im Untergeschoss des Rathauses annehmen und ausschenken.

Die günstige Lage an der Fernhandelsstraße bedingte auch, dass Köthen unter der Regierung Fürst Wilhelm Ludwigs von Anhalt-Köthen an das reichsweite Postnetz angeschlossen wurde. Die Lage und günstige ökonomische Entwicklung führten dazu, dass sich die Residenzstadt sowohl von den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges als auch den Pestjahren 1682/83 rasch erholen konnte. Im Umfeld des Hofes entstanden schließlich eine Fayencemanufaktur sowie die Gold- und Silberfabrik des Markus von Schnurbein; weiter lassen sich in Köthen Posamentierer und Zinngießer sowie jüdische Händler nieder, die regelmäßig in den Hofrechnungen erscheinen.

Konfessionell ist Köthen gespalten. Im Zuge der Reformation wandte sich die askanischen Fürsten von Anhalt-Köthen 1525 zunächst dem lutherischen, ab 1606 dem calvinistisch-reformierten Bekenntnis zu, wobei in Köthen einige Familie ihrem lutherischen Bekenntnis treu blieben. Fürst Emanuel Lebrecht heiratete 1692 heimlich und gegen den erklärten Willen seiner Eltern die niederem lutherischem Landadel entstammende Gisela Agnes von Rath. Der calvinistische Fürst unterstützte den Einsatz seiner Frau für die lutherischen Untertanen und pflegte eine liberale Religionspolitik. Am 6. Januar 1693 bat sie ihren Gemahl, für die lutherische Gemeinde eine Kirche zu errichten. Am 16. März stimmte der Monarch von Gottes Gnaden zu und legte am Geburtstag seiner Gattin, dem 9. Oktober 1694 eigenhändig den Grundstein für die 1699 geweihte Agnus-Kirche am Rande des Schlossbezirks. Auch erhielt der Friedhof vor dem Halleschen Tor eine lutherische Abteilung. Aus politischen Gründen konvertierte das Haus Anhalt-Köthen 1825 zum Katholizismus. Westlich des Schlossareals entstand die katholische Schlosskirche (heute St. Mariä Himmelfahrt) und auf dem Friedhof eine katholische Abteilung. Zur Bachzeit bestand außerdem eine jüdische Gemeinde im Schalaunischen Viertel.

Bildnachweis: Bach-Archiv Leipzig

Bachhaus am Frauenplan

Um Umfeld von Johann Sebastian Bachs 100. Todestag 1850 beschäftigen sich sowohl Lokalforscher als auch Musikfreunde mit der Frage des Geburtshauses. Am 28. Juli 1850 erschien im Eisenacher Sonntagsblatt ein Hinweis, wonach Bach "im Hause 119, der Witwe Albrecht gehörig, hinter dem sogenannten Residenzhause" geboren wurde. Sieben Jahre später begab sich der Bach-Biograph Carl Hermann Bitter auf Spurensuche nach Eisenach und befragte ältere Einwohner. Bei seinen Recherchen stieß er auf das Ackerbürgerhaus am heutigen Frauenplan 21, das er schließlich als Johann Sebastian Bachs Geburtshaus publik machte. Dieses heute weltweit bekannte Gebäude besteht aus zwei 1456 und 1458 errichteten Gebäudeteilen, die 1611 vereint worden waren und inzwischen zu Eisenachs ältesten Wohnhäusern zählen. Eisenachs Lokalhistoriker Fritz Rollberg nährte seit 1927/28 in mehreren Aufsätzen (unter anderem im Bach-Jahrbuch) Zweifel an dieser Überlieferung. Während Rollberg mutmaßte, dass Johann Ambrosius Bach und seine Familie das Haus am Frauenplan 21 mit großer Wahrscheinlichkeit nie bewohnt hatten, sah Conrad Freyse, 1923–1964 verdienstvoller Leiter des Bachhauses, in Rollbergs Argumentation die bestehenden Quellenlücken nicht ausreichend berücksichtigt, zumal erst im späten 19. Jahrhundert in Eisenach Straßennamen eingeführt wurden. In den Steuerlisten 1679/80 wird Johann Ambrosius Bach mit einem Haus in der Fleischgasse aufgeführt, die vom Lutherhaus zum heutigen Frauenplan führt und damals den unteren Frauenplan mit dem heutigen Bachhaus eingeschlossen haben kann. Für Freyse war der Fall klar: Johann Sebastian Bach kam im heutigen Bachhaus am Frauenplan 21 zur Welt.

Archivalisch belegen lässt sich, dass in dem Gebäude 1746–1779 die Familie von Caroline Amalie Rausch geb. Bach lebte. Ihr Bruder war der Eisenacher Hofkapellmeister Johann Ernst Bach, der bei seinem Paten Johann Sebastian Bach in Leipzig einen Teil seiner Ausbildung absolviert hatte. Die mündliche Überlieferung, die Carl Hermann Bitters Nachforschungen zu Tage gefördert hatte, nahm der Eisenacher Musikverein auf und stiftete eine Bronzetafel über dem Hauseingang: "Johann Sebastian Bach wurde am 21. März 1685 in diesem Hause geboren. Gestiftet 1868". Als das Gebäude 1905 verkauft und abgebrochen werden sollte, erwarb es auf Initiative des Sängers Siegfried Ochs die Neue Bachgesellschaft mit finanzieller Unterstützung diverser Regenten, Musiker und Musikverlage. Am 27. Mai 1907 öffnete das Bachhaus Eisenach als weltweit erstes Museum zu Leben und Werk Johann Sebastian Bachs seine Pforten. Im Zuge einer Sanierung wanderte 1972 die Bronzetafel über dem Eingang ins Magazin, kehrte aber als historisches Dokument 2007 an ihren ursprünglichen Platz zurück. In jenem Jahr öffnete der moderne Erweiterungsbau mit der neugestalteten Dauerausstellung seine Pforten.

Auf der Freifläche vor dem Bachhaus fand 1938 inmitten einer neugestalteten Grünanlage das ursprünglich vor der Georgenkirche aufgestellte Bach-Denkmal des Stuttgarter Künstlers Adolph von Donndorf seinen Platz. Allerdings wanderte das Bronzerelief der Heiligen Cäcilia vom Sockel in die rückseitige Stützmauer. Von August bis Oktober 2018 wurde die rund 3,5 Meter hohe und 1,4 Tonnen schwere Plastik in ein Berliner Atelier restauriert und anschließend in neu gestalteter Umgebung aufgestellt.

Bildnachweis: Bachhaus Eisenach (Foto Gebäude: André Nestler, Juni 2009; Garten und Bach-Denkmal: Ulrich Kneise)

Rathaus

Die Ostseite des Marktplatzes nimmt das historische Rathaus ein, das 1508 als Weinkeller erbaut wurde. Der heute dreigeschossige Bau mit seinem traufseitigen Turm entstand 1564 durch einen tiefgreifenden Umbau, bei dem Hans Leonhard die Renaissance-Reliefs aus hellem Sandstein schuf (das untere linke Relief enthält die Datierung in deutsch-lateinischen Buchstaben). Seit 1596 beherbergt das Gebäude das Rathaus. 1636 brannte das Gebäude bis auf das erste Geschoss ab, beim Wiederaufbau 1641 erhielt es zur Marktseite den markanten Uhrturm mit Schlagglocke. Nördlich angeschlossen war seither die Ratswaage, die sich seit einem Umbau 1812 mit dem Rathaus unter einem Dach befand und mit dem Rathaus bei einem alliierten Bombenangriff am 9. Februar 1945 stark beschädigt wurde. Am Sandsteinsockel des Erkers ist die eiserne Nachbildung des im 17./18. Jahrhundert gültigen Sachsen-Weimarer Fußmaßes eingelassen (1 Fuß = 12 Zoll zu 12 Linien = 281,9786 mm). Anders als beim Längenmaß galten im Herzogtum regional unterschiedliche Gewichts- und Getreidemaße, die zum Teil von Ort zu Ort variierten.

Als Leiter der Eisenacher Stadtmusik musste Johann Ambrosius Bach mit vier Gesellen täglich um 10 und 17 Uhr vom Rathausturm abblasen. Von diesem Dienst auf dem Stadthaus leitet sich die in Thüringen übliche Bezeichnung "Hausmann" für den Leiter der Stadtmusik ab, wie sie auch in Johann Sebastian Bachs Taufeintrag vermerkt ist.

Bildrechte: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Juni 2019)

Georgenkirche

Den Marktplatz im Herzen der Stadt Eisenach begrenzt im Süden die Georgenkirche. Die dreischiffige Hallenkirche wurde angeblich 1181 von Landgraf Ludwig III. in Auftrag gegeben und dem Heiligen Georg, dem Stadtpatron, geweiht. Der Überlieferung zufolge wurden hier 1221 Landgraf Ludwig IV. und die ungarische Königstochter Elisabeth (Heilige Elisabeth von Thüringen) getraut. Teile der Kirche scheinen 1515 wegen Baufälligkeit abgebrochen und neu errichtet worden zu sein. Aus dieser Zeit stammt wohl der Taufstein. In der Georgenkirche predigte während der Reformation Martin Luther, der einst in Eisenach die Lateinschule besucht und bei der Familie Cotta Unterkunft gefunden hatte.

Im sogenannten Pfaffensturm 1525 erlitt die Georgenkirche starke Schäden, die erst ab 1558 behoben wurden. Nord- und Südseite des Langhauses erhielten 1560 zwei Emporen nach Plänen von Hans Leonhard. Die Balustrade der unteren steinernen Empore mit ihrem Kreuzgratgewölbe zieren Prophetenbildnisse und rahmende Bibelsprüche, darüber erhebt sich eine hölzerne Empore. 1672 kam eine dritte, mit Bogenfeldern zum Mittelschiff abschließende Empore hinzu. Eine 1717 zugefügte vierte Empore wurde 1898 wieder entfernt. Die turmlose Kirche wurde 1561 als Predigtkirche eingeweiht. Das Gotteshaus war im Norden von der Kanzlei und einem Wachhaus begrenzt, an der Südseite entstand 1562 ein gedeckter Gang zum alten Stadtschloss, denn zwischen 1672 und 1741 diente die Stadtkirche St. Georgen zugleich als Schlosskirche.

An den Wänden des Chorraums sind heute zahlreiche Grabstein der Thüringer Landgrafen aus dem 12. und 13. Jahrhundert aufgestellt. Im Zentrum steht der etwa 1500 geschaffene Kreuzaltar mit seiner ausdrucksstarken Figurengruppe. Die Nordwand des Chorraums zieren zwei Monumentalgemälde. Einmal ein 1618 zur Erinnerung an die Reformation entstandenes allegorisches Gemälde, das die Kurfürsten Friedrich den Weisen und Johann den Beständigen beim Empfang des Heiligen Abendmahls zeigt. Zum Anderen ein aus dem Herrenchor der evangelischen Johanniskirche Schweinfurt kopiertes Gemälde mit der Übergabe der Augsburger Konfession an Kaiser Karl V. Unterhalb dieser architektonisch reich gerahmten Darstellungen schließt sich am Triumphbogen die reich verzierte Kanzel aus dem Jahr 1676 an. Gegenüber entstand 1717 (über dem südlichen Anbau von 1515) eine zweigeschossige Herzogsloge.

Die Beziehungen der Familie Bach zu dieser Kirche sind vielfältig. Am achteckigen Taufstein, am Sockel mit der Jahreszahl "1503" versehen, wurde Johann Sebastian Bach (nach altem Kalender) am 23. März 1685 durch Magister Johann Christoph Zerbst getauft. Sein Vater Johann Ambrosius Bach wirkte in diesem Gotteshaus von 1671 bis zu seinem Tod im Februar 1695 als Stadt- und Hofmusiker gemeinsam mit seinen Gesellen. Beeindruckt von der musikalischen Leistung des neuen Stadtmusikers notierte der Hof- und Stadtzimmermann Georg Dressel in seiner Chronik: "1672 hat der neue Hausmann auf Ostern mit Orgel, Geigen, Singen und Trompeten und mit heerpauken dreingeschlagen, daß noch kein Kantor oder Hausmann, weil Eisenach getanden, nicht geschehen [...]".

Als Lateinschüler sang Johann Sebastian Bach unter Stadtkantor Andreas Dedekind aus jenen Chorbüchern, die mit großer Wahrscheinlichkeit schon dem jungen Martin Luther zur Verfügung gestanden hattem. Mit Johann Christoph Bach, dem ältesten Sohn des Arnstädter Stadtorganisten Heinrich Bach, amtierte schließlich von 1665 bis zu seinem Tod 1703 ein Vetter des leitenden Stadtpfeifers als Organist an der Georgen- und Nicolaikirche. Mit viel Engagement setzte Johann Christoph Bach einen Orgelneubau durch Georg Christoph Stertzing aus Ohrdruf ab 1697 durch, dessen Vollendung 1707 der "profunde Componist" aber nicht mehr erlebte. Erst 1719 erhielt das Orgelgehäuse seine Verzierungen. Der Straßburger Orgelbauer Johann Andreas Silbermann besuchte am 28. Februar 1741 mit dem Eisenacher Orgelbauer Sebastian Seitz das Instrument, dessen klanglichen und vor allem technischen Aufbau er tadelte. Das verändert erhaltene Gehäuse beherbergt seit 1982 ein Orgelwerk der Firma Alexander Schuke (Potsdam).

In der Turmhalle erinnert über der Kirchenpforte eine geschnitzte und farbig gefasste Wappenkartusche an den berühmten Sohn der Stadt: "Joh. Seb. Bach wurde am 23. März 1685 in dieser Kirche getauft. Gestiftet vom Bachchor und vom Kirchenchor zu St. Georg im 10. Jahre ihres Bestehens 1935". An der Nordwand der Vorhalle erinnert seit einigen Jahren eine Bronzetafel an Georg Philipp Telemann, der von 1708 bis 1712 als Hofkapellmeister zugleich die Kirchenmusik der Stadt- und Schlosskirche maßgeblich mitbestimmte.

Vor der Westfassade der Georgenkirche stand zwischen 1884 und 1938 das von Adolf Donndorf geschaffene Bach-Denkmal, für dessen Finanzierung sich führende Musiker wie Clara Schumann, Joseph Joachim und Franz Liszt eingesetzt hatten. Im Zuge einer Umgestaltung des Frauenplans zog das Standbild 1935 vor das Bachhaus am Frauenplan, wo es mit verändertem Sockel bis heute steht. Als Ersatz schuf der Berliner Bildhauer Paul Birr 1939 ein neues Bach-Denkmal für die Turmhalle der Georgenkirche. Vorlage für die streng dreinblickende überlebensgroße Bronzefigur mit wehendem Chorrock war ein heute als zweifelhaft eingeordnetes Porträt, das Fritz Volbach um 1900 aufgefunden und 1903 als angebliches Altersbildnis Johann Sebastian Bachs publik gemacht hatte.

Die heutige Ansicht von Kirche und Marktplatz prägen maßgeblich die 1898–1902 durchgeführten Arbeiten. Die sogenannten Beichtkapellen an der Außenseite wurden abgetragen, im Innern drei neue Emporen errichtet, die Fenster vergrößert und die Fenster im Chorraum farbig neu verglast. Nach Plänen von Otto March erhielt die Kirche den 62 Meter hohen Kirchturm mit neobarocker Haube an der Nordwest-Ecke sowie einen neuen Westgiebel mit deutlichen Jugendstil-Anklängen. Bis dahin befand sich ein separater Glockenturm in der Domstraße. Über den Torbögen ist in großen Jugendstillettern die erste Verszeile aus Martin Luthers Psalm-Lied Ein feste Burg ist unser Gott angebracht.

Bildnachweis: Graphik Bachhaus Eisenach
Fotos: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Juni 2019)

Marktplatz (Bachs mögliche Wohnung)

Südlich der Stadtkirche St. Jakob erstreckte sich einst der Jakobskirchhof, der Anfang des 16. Jahrhunderts mit Marktständen überbaut wurde. Diese wurden im Laufe der Jahrzehnte zu eigenständigen Kleinwohnungen um- und ausgebaut. Einen lebendigen Eindruck der Wohn- und Lebenssituation in der Totengasse vermittelt das Aquarell aus dem 19. Jahrhundert. Die inselförmige Bebauung des Marktplatzes mit kleinen und kleinsten mehrgeschossigen Wohnhäusern bestand bis in die 1970er Jahre. Im Zuge der Stadtrekonstruktion wurden die Gebäude zugunsten eines großzügigen Platzes abgebrochen.

Köthener Überlieferung zufolge soll sich in einem der Inselgebäude (Marktstraße 11) die Wohnung der Familie Bach befunden haben. Ernst König sprach sich 1959 im Bach-Jahrbuch gegen diese Annahme aus, da einmal die wachsende Familie, zum Andern aber die in Bachs Wohnung abgehaltenen Proben der 14 bis 18 Mann starken Hofkapelle in krassem Widerspruch zur geringen Fläche dieser Häuser stehen.

Bildrechte Aquarell: Köthen Kultur und Marketing GmbH. Foto: Dr. Markus Zepf (Bach-Archiv Leipzig, Februar 2019)

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